In memoriam Carl Hoffmann

Prof. Dr. Carl Friedrich Hoffmann

13.7.1925 – 28.4.2007

Die Afrikaforschung an der Universität Bayreuth trauert um Carl Hoffmann, den Begründer der Afrikanistik an der Universität Bayreuth. Er war Afrikanist aus Passion, ein in vielen Sprachen Kundiger, ein Büchernarr und ein überaus bescheidener Mensch und Kollege.

Afrika muss ihn schon sehr früh in seinen Bann gezogen haben. Noch während seiner Schulzeit lernte er Swahili und belegte darüber hinaus an der Universität seiner Heimatstadt Hamburg Kurse in Zulu, Somali, Berbersprachen, Hausa, Alt-Ägyptisch, Aztekisch und Russisch. Nach der Beendigung der Schulausbildung folgten Arbeits- und ab August 1943 der Wehrdienst; im März 1944 wurde er an der Ostfront verwundet. Die sich daran anschließenden Lazarettaufenthalte und Genesungsurlaube bis zum Kriegsende nutzte er zu weiteren Sprachstudien im Estnischen und Lettischen. Der Kontakt zum Seminar für afrikanische Sprachen der Universität Hamburg scheint während dieser Zeit nie abgerissen zu sein. Nach Wiedereröffnung der Universität im Herbst 1945 schrieb er sich für Afrikanistik mit den Nebenfächern Phonetik und Latein ein. Für viele Jahre blieb er der einzige Hauptfachstudent. Die Zahl der afrikanischen Sprachen, mit denen er sich beschäftigte, wuchs weiter: Bantu, Plateau, Tschadisch, Khoisan, Atlantisch, Berber. Dieses umfangreiche Angebot in Lehre und Forschung wurde entsprechend der deutschen afrikanistischen Tradition in Hamburg bereitgehalten. Die erste Publikation Carl Hoffmanns war eine vergleichende Studie zu den Bantusprachen (1953). Die herausragende, aber leider nie veröffentlichte Dissertation (1955) über das Bura, eine tschadischen Sprache, bildete für ihn den Abschluss der Lehrjahre in Hamburg.

Von 1955-1957 erhielt Carl Hoffmann ein zweijähriges Forschungsstipendium vom Internationalen Afrika-Institut in London für Feldforschungen in Nigeria. Hier beschäftigte er sich mit der Sprachenvielfalt von Mittel- und Nordnigeria: Die Sprachen Bura, Margi, Higi, Kilba, Cibak, Süd-Margi, und Waga waren damals seine Forschungsziele. Im daran anschließenden Jahr assistierte er seinem Hamburger Lehrer und Doktorvater Johannes Lukas bei der Feldforschung und vergrößerte wiederum den Umfang seiner Sprachmaterialien um je zwei weitere Sprachen aus Nord-Nigeria (Higi, Bacama) und Nord-Kamerun (Mofaw, Kapsiki). 1963 erschien in dem renommierten Verlag Oxford University Press mit seiner Margi-Grammatik eine der besten Beschreibungen, die je über eine tschadische Sprache (angesehen vom gut dokumentierten Hausa) angefertigt worden sind. Das Korpus seiner Feldaufzeichnungen vergrößerte sich noch einmal von 1961-1962 um das Kambari, Lela, Duka und Ura, als er als Research Fellow des West African Languages Survey (Ibadan) tätig war. In der Lehre widmete er sich in den darauf folgenden Jahren intensiv dem Ful, Hausa und Tiv.

Carl Hoffmann blieb in Nigeria. Die Zusammenarbeit mit den nigerianischen Kollegen, vor allem mit Ayo Bamgbose, zeitigte viele Erfolge. Es war die große Zeit der West African Linguistic Society, dessen Journal von Carl Hoffmann mit herausgegeben wurde. Das Department of Linguistics and Nigerian Languages an der Universität Ibadan, von ihm und Bamgbose begründet, wurde unter seiner Leitung zu einem der bedeutendsten und hoch angesehenen Institute in Afrika, das viele auswärtige Studenten und Kollegen aus den USA, Europa und Japan anzog.

Die langjährige Lehr- und Forschungsarbeit in Nigeria, inklusive der Erfahrungen beim Neuaufbau von Studiengängen an der Universität Ibadan, führten zu seiner Berufung an den damals gerade begründeten Afrikanologie-Schwerpunkt der noch jungen Bayreuther Universität. Im Wintersemester 1980 übernahm er die Vertretung und ab dem Wintersemester 1981 den Lehrstuhl für Afrikanistik. In seiner umsichtigen Art entwarf er Studienpläne und ‑ordnungen und sorgte für den weiteren Ausbau des Faches. Von Anfang an wurde das Swahili als regulärer Sprachkurs angeboten, später kam das Bambara hinzu. Während seiner Zeit wurde auch der zweite Afrikanistik-Lehrstuhl eingerichtet. Es ist ihm gelungen, die Afrikanistik in Bayreuth als festen und inzwischen unverzichtbaren Bestandteil des Afrikanologie-Schwerpunktes zu etablieren. Trotz einer gewissen kritischen Distanz hat sich Carl Hoffmann mit dieser jungen alma mater stets identifiziert und fühlte sich ihr mehr verbunden als seiner Heimatuniversität Hamburg. Wie anders sollte man sonst das Vermächtnis deuten, seine unglaublich reiche Bibliothek, angefüllt mit antiquarischen Kostbarkeiten und afrikanistischen Raritäten, der hiesigen Universitätsbibliothek zu überlassen.

Carl Hoffmann hat nicht nur sein Leben der Erforschung afrikanischer Sprachen gewidmet, sondern hat sich auch in einer ganz besonderen Weise den Menschen zugewandt, die diese Sprachen sprechen. So konnte er hier in Bayreuth, wie auch schon in Ibadan, eine beträchtliche Zahl afrikanischer Doktoranden erfolgreich zu einer Promotion führen. Die meisten von ihnen sind heute in höheren akademischen Positionen in ihren Heimatländern oder in Amerika tätig. Auch in diesem Punkt, ein besonderes Augenmerk auf die Förderung des akademischen Nachwuchses in und aus Afrika zu richten, hat Carl Hoffmann Pionierarbeit für die Afrikanistik und das Afrikanologie-Programm der Bayreuther Universität geleistet.

Für diese Leistungen sind wir Carl Hoffmann zu großem Dank verpflichtet. Sein Name wird für immer als der des erfolgreichen Begründers des Faches Afrikanistik in die Annalen der Universität Bayreuth eingehen.

Gudrun Miehe

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